ihr, die als thöricht ihr die Jugend
schmäht,
Und klagt, ihr fehl’ der
Selbsterkenntnis Segen,
ihr kennt es nicht, des jungen
Herzens Regen,
Und ihr verlästert, was ihr
nicht versteht.
Ob ihr wohl jemals euren
Schatten seht,
wenn ihr der Sonne fröhlich
zieht entgegen?
Der Schatten geht vorauf auf
euren Wegen,
Weil ihr vom Licht
hinweggewendet geht.
Ihr schaut auf euren Schatten
unverwandt;
Die Jugend aber schwört zur
Freudensonne,
Sieht in der Welt ein
Paradiesesland.
Die Jugend ist des Daseins
Maienwonne,
Wo Traumgebilde durch den Busen
schweben.
Das Herz muß blühen, soll es
Früchte geben!
Wenn auf die Sänger rings mein
Auge schaut,
Fühl’ ich den Geist des Zornes
sich mir nahn. –
Für selbstgeschaffne Schmerzen
klagen laut
Die feigen Seelen rings das Schicksal
an.
Die schöne Welt, zur Freude
aufgebaut,
Als „arm“ verlästert sie der
blinde Wahn
Der Schwachen, denen vor der
Zukunft graut
Ob jenen Sünden, welche sie
gethan.
Halb Knecht der Lust und halb
des Schmerzes Knecht
Sind diese Afterdichter, dies
Geschlecht,
Das gar zu gern noch möcht’
das weise heißen.
Bevor mein Lied erklingt in
ihrem Klang,
Bevor ich singe ihren feigen
Sang,
Will ich entzwei der Harfe
Saiten reißen!
Nicht schelt’ ich Klagen um
den wahren Schmerz;
Kein ächter Dichter jauchzt zu
allen Zeiten!
Es schenkt der Welt sich ganz
ein Dichterherz;
Die Freuden wie die Leiden
giebts en Saiten.
Der Leichtsinn läßt nur
immerfort den Scherz,
Den Ton des Jubels von der
Lippe gleiten.
Steigt doch die Lerche selbst nicht
himmelwärts,
Wenn Winterstürme durch die
Fluren schreiten!
Den Schmerz nur hass’ ich,
der, ein Komödiant,
Sich allenthalben spreizt,
damit hervor
Er rings der Weichen
Mitleidsthräne presse.
Ich hass’ den Schmerz, das
Leid im Prunkgewand,
Das „sich behagen in dem
Trauerflor“
Und die beliebte „intressante
Blässe“!
Nicht jeder kann den edlen
Wein vertragen;
Nicht mancher liebt den sang,
en kühnen, freien.
Gieb Zuckerwasser süßer
Tändeleien,
Denn wiss’: Die Zeit hat einen
kranken Magen.
In Moll-Accorden lern’ die
Harfe schlagen,
Soll ´Dir Dein Streben heute
wohl gedeihen.
Blas Schäferliedchen fein auf
der Schallmeien
Und einen Lorbeer wirst Du Dir
erjagen!
Versteh’s Salonfigürchen fein
zu schnitzen,
Versteh’s den Mund zu süßem Wort
zu spitzen,
Und man erklärt Dich heute für
den Rechten.
Besing’ den Mond und auch die
frommen Sterne.
Dir wird der Kranz! – Ich
lass’ den Kranz Dir gerne,
Den hinterm Theetisch zarte
Damen flechten!
Als Kraftgenie kannst auch Du
reussiren.
Drisch nochmals ab die alten
Freiheitsphrasen;
Sing’ von der Kriegstrompete
wildem Blasen,
Und sieh, Du wirst die
Halberwachs’nen rühren.
Bartlose Knaben werden mit
sich führen
Dein Liederbuch, der Schrecken
frommer Basen,
Und hinterm Bierglas wird
poetisch rasen
Der Brandfuchs und die Verse
proklamiren.
Er nennt Dich „ein bedeutendes
Genie,
Deß Ruf das Weltall nicht
umsonst vernommen;“
Er flicht den Lorbeer gerne
Dir zum Preise.
So wird es bleiben, deutscher
Dichter, sieh’,
Bis der Herr Fuchs zu Amt und
Brot gekommen,
Dann wird er zahm. – Das ist
so deutsche Weise!
Gen Himmel weist die Welt die
Frömmelei
Der Hosiannadichter, die da
heute
Auf allen Märkten psalmodieren
frei,
Die von der Kirche hochgepries’nen
Leute!
Aus allen düstern Winkeln
zieht herbei
Die Eulenschaar, die stets den
Morgen scheute.
O Schmach und Schande, daß der
Melodei
Der Amaranther noch man
Weihrauch streute!
Ihr Frömmler, statt hinauf zum
Sternenzelt
Den Mann zu weisen, lehret ihn
vollbringen
Treu seine Pflicht auf dieser
Erdenwelt.
Der frische Muth, die frische
Thatenkraft
Hienieden schon den Himmel
sich erschafft,
Statt sich hinauf zu ihm im
Traum zu schwingen.
Den Reim, die Sprach’ ich fast
im Spielen
Beherrschen lernen schon in
Jugendtagen,
Doch mag ich nimmer zum
Ergötzen schlagen
Die Harfe nur! Ich ring’ nach
andren Zielen!
Ich bin zu stolz, um nach dem
Preis zu schielen,
Den in der Hand des Alltags
Weisen tragen.
Auch schuf’s mir nie ein
sonderlich’ Behagen,
Wenn meine Reime Hans und Kunz
gefielen.
Zuerst gilt mir der Mann, dann
der Poet!
Wo für das Glück der
Menschheit wird gestritten,
Da soll mein Wort und meine
That nicht fehlen!
Mein Platz bleibt in der
Freiheitskämpfer mitten!
Wo’s um der Zukunft höchste
Güter geht,
Da soll mein Sang die Brust
mit Muth beseelen.
Ich seh’ mein Volk, mein
theures Vaterland
Mit stillem Gram aus tausend
Wunden bluten;
Die Armuth ächzt, gepeinigt
von den Ruthen,
Die rastlos schwingt der Sorge
dürre Hand.
Der Trug der Pfaffen schlau
die Netze spannt;
Despotenwillkür will die
Geister knuten. –
Ihr Herzen, die ihr brennt in
edlen Gluthen,
O, träumt nicht thatenlos bei
buntem Tand!
Zum Volke geht, und zu den
rechten Wegen
Führt die Verirrten, helft den
Armen, Schwachen!
Das schönste Glücklichsein
heißt Glücklichmachen!
Und mag der Kaltsinn höhnend
uns verlachen,
Auf unsre Gruft wird einst die
Kränze legen
Die Liebe doch – und unser
Thun ist Segen.
Wer zu der Sonne wandte sein
Gesicht,
Wird manche Blume unbewußt
zertreten.
Ein Schwärmer und ein Träumer
bin ich nicht!
Das Wort der Freiheit lehrt
die Zeit mich beten.
Für die Empfindler schrieb ich
kein Gedicht,
Die scheu sich duckten, als
die Stürme wehten;
Doch, ob die Schaar auch nie
mir Kränze flicht,
Die Freiheit schlägt zum
Ritter den Poeten! –
Wol mag ich fallen in des
Sturmes Wehen.
Weß Blick empor zum blauen
Aether fliegt,
Der kann den Stein im Wege
nimmer sehen.
Ob Tausend auch sich still
in’s Joch geschmiegt,
Ich will im Kampf des Lichtes
muthig ringen
Und will der Freiheit meine
Lieder singen!
Die große Zeit, sie gleichet
dem Vulkan.
Hoch auf gen Himmel schleudert
er den Stein;
Der Gluthdurchzuckte glaubt
ein Stern zu sein
Und mitzukreisen in der
Sonnenbahn.
O sieh, wie strebt er
leuchtend himmelan! –
Vertrau’ ihm nicht und seinem
Flammenschein!
Bald stürzt er sengend in das
Land hinein,
Verderben bringend Wald und
Wiesenplan. –
Die Steine sind die
schmutz’gen, niedern Seelen,
Die mit dem Lichte scheinbar
sich vermählen,
Aus denen aber nur die
Selbstsucht schreit.
Die sä’n Verderben aus in alle
Lande!
Sie waren stets der großen
Zeiten Schande
Und auch der Fluch der letzten,
großen Zeit!
(Den
Freunden des ewigen Friedens gewidmet)
Nur „Frieden, Frieden!“ tönet
eure Weise,
Indeß die Nacht, die alte,
grimme Hyder,
Umschlingt auf’s Neu’ die
armen Völker wieder.
Wir wollen Frieden nicht zu
jedem Preise!
Was soll uns heut’ das
Friedenslied, das leise?
Bei Gott, der Geist der Zeit
will andre Lieder!
Es kommt von selbst der Lenz
in’s Land hernieder,
Wenn frei die Flur vom starren
Wintereise.
Wir konnen heute nicht um
Frieden beten;
Die Freiheit hat der Frevler
Schaar gesteinigt
Und frech die junge Saat im
Keim zertreten.
Wann kommt ein Wetter, das die
Lüfte reinigt?
Wann kommt der Sturm, der
rechte Sturm geflogen?
Zuerst der Sturm und dann der
Regenbogen.
Seh’ ich ein Kreuz auf einem
Grabe stehen,
Seh’ ich die Kränze, die man
drauf gelegt,
So muß ich immer denken,
schmerzbewegt:
Ich hab’ des Menschenlebens
Bild gesehen.
Der Kranz wird welk, und, wenn
die Winde wehen,
Wird Blatt und Blüthe schnell
hinweggefegt.
Das Schmerzsymbol, von Stürmen
nie geregt,
Sieht Jahr um Jahr an sich
vorübergehen. –
Ein großes Kreuz, das ist das
Menschenleben!
Die Kränze welken, all’ die
blüthenreichen,
Die Lieb’ und Freundschaft uns
zur Freude weben. –
Wenn ihr mich tragt dereinst
zum Feld der Leichen,
Mögt Kreuz und Kranz ihr
meinem Grabe geben.
Nach Kränzen rang ich, Kreuze
gab das Leben!
Ob jemals wird die heil’ge
Stunde schlagen,
Wo wie ein Traum die düstre
Nacht entweicht?
Die Völkerschaar, die jetzt
dem Blick sich zeigt,
Sie fühlt sich selig kann sie
Schleppen tragen!
Wird’s besser werden in der
Zukunft Tagen?
Ob je die Welt aus ihrem
Schlamme steigt?
Ob sich erhebt, was heute
kriecht und schleicht?
Das möcht’ ich grollend wol
die Sterne fragen!
Ich sah im Geist ein Weib mit
Engelsmienen.
Das war die Freiheit, war die
Hohe, Hehre!
Doch, wird mein Traumbild
Wirklichkeit auf Erden?
O, redet heut’ mir nicht von
Völkerehre!
Die heut’ge Welt, die sucht
ihr Heil im Dienen,
Und statt der Freien schau’
ich Sclavenheerden.
I.
Ich hör’ nach Gold die Schaar
der Krämer fragen,
Und jener ringt nach Ruhm und
hohen Ehren.
Der Denker dringt in aller
Weisheit Lehren
Und Segen, hofft er, soll sein
Streben tragen.
Der Träumer klebt am Tande
alter Sagen
Und will dem Denken jedes
Recht verwehren;
Ein Jeder sucht den Andern zu
bekehren,
Doch „Frieden“ heißt das Ziel,
wonach wir jagen. –
O Welt, Cleopatra, du falsches
Weib!
Im Wein der Lust zerging die
Perle Frieden;
Das Glück der Erde ist ein
kurzer Rausch!
Tod gegen Leben, ist’s ein
schlechter Tausch? –
Ich wollt’, der Pfaffe säng’: „Begrabt
den Leib!“
Und ich wär’ todt und von der
Welt geschieden.
II.
Die Welt ist schön und
blumenreich das Leben!
O, wirf sie weg, die düstern
Schmerzgedanken!
Es bricht der Herbst wohl
tausend Blüthenranken,
Doch wird der Lenz dir tausend
and’re geben.
Noch giebt es Weiberlippen, giebt
es Reben,
An denen volle, saft’ge
Trauben schwanken.
Ein böser Dämon treibt mich
armen Kranken
Den Sang der Klagen weinend zu
erheben! –
Sei freudig, doch bedenke:
Nicht zu tief
Laß deinen Blick in’s Meer
herniedergleiten,
Das man die Welt, das man die
Menschheit nennt.
Im Spiegel trägt’s des Himmels
blaue Weiten,
Doch giebt der Freude bald den
Scheidebrief,
weß Aug’ im Grund den kahlen
Fels erkennt.
III.
Vor’m Tode sollst du Keinen
glücklich preisen!
So hat’s geklungen einst von Solons
Munde.
Man weiß nicht, was da bringt
die nächste Stunde,
So deuten sie den Spruch des
großen Weisen.
Es läßt der Gram, der Schmerz
die Locken greisen. –
Als glücklich preis’ im kalten
Grabesgrunde
Die Leichen, denn sie geben
keine Kunde,
Nicht Widerspruch in der
Lebend’gen Kreisen!
Wem hat das Glück en reinen
Kelch geboten?
Wem ward sein schönstes
Träumen je zur Wahrheit?
Es lügt der Hoffnung holder
Rosenschimmer!
Habt je ihr in des Glücks
vollkommener Klarheit
Gelebt nur eine Stunde? frag’
die Todten!
Die Schädel grinsen, sprächen
gerne: „Nimmer!“